Geübt wird ab 15 Grad und immer im Freien, da bleibt zu Hause das Parkett heile
„Kennste das ,Arabusta‘ am Körnerplatz? Da können wir einen guten Kaffee trinken und quatschen“, schlägt Kelvin Kalvus als Treffpunkt vor – ja, DER Kelvin mit dem Silberstreif auf dem Kopf und den magischen Kugeln, der 2008 bei RTL „Das Supertalent“ nach dem Mundharmonika spielenden Michael Hirte Vizesieger wurde. Er hat immer noch seine typische Frisur, an den Seiten rasiert, oben punkig hochstehend und hinten einen Zopf, der „auch immer dünner wird“, wie der 51-Jährige grinsend bemerkt.
Als erstes bewundern wir unsere mitgebrachten Kugeln: Er meine Briefbeschwerer und ich seine Glaskugel, in der unzählige Laserpunkte die Galaxien im Universum darstellen. Ein extra angefertigtes Unikat – „nur zum Angucken, ist zu schade zum Jonglieren“, stellt er fest. Seine Arbeitskugeln sind aus Acryl, er hat über 100 Stück davon mit verschiedener Optik in Gebrauch. Eine 100-mm-Kugel wiegt gute 700 Gramm, wenn die fällt, kracht es ordentlich. „Ich übe grundsätzlich nicht zu Hause, sondern nur wenn T-Shirt-Wetter ist, also ab 15 Grad im Freien. Da kann mal was runterfallen …“. Weil das – allerdings selten – auch bei einer Show vorkommen kann, hat er immer eine Ersatzkugel greifbar.
DER ANFANG SEINER KUNST
Der gebürtige Erfurter war schon früher viel in Dresden, ging Klettern im Elbsandsteingebirge. Seit 1992 lebt er hier. „Wir haben uns in der Community immer beschäftigt, ich habe mit Keulen und Bällen jongliert – war aber nicht gut dabei.“ Die Kontaktjonglage kam in den 90er Jahren aus den USA nach Europa und interessierte ihn sehr. Allerdings war da nichts mehr mit Klettern, die Finger mussten jetzt sensibel sein.
Und so entwickelte er seinen unverkennbaren, einzigartigen Stil: Er findet auf Armen, Kopf und Oberkörper unsichtbare Linien, auf denen die Kugeln wie auf Schienen rollen. „Das ist ein bisschen Physik und viel, viel Übung. Kombiniert mit tänzerischen Bewegungen, einem entsprechenden Gewand und sphärischer Musik wird es rund. Ich habe ausgerechnet, dass ich rund 15.000 Stunden gebraucht habe, um den heutigen Stand zu erreichen.“ 2003 stand für ihn die Frage, als Historiker (summa cum laude! Spezifik mittelalterliche Geschichte) weiterzuarbeiten oder sich als Künstler selbständig zu machen. Er wagte den Schritt und nichts war mehr wie zuvor.
ERFOLG UND FAMILIE
Nach dem RTL-Supertalent, wollte jeder den markanten Typen aus dem Fernsehen haben, er kam ins Guinnessbuch der Weltrekorde mit über 50 Millionen Fernsehzuschauern, die er bei einem Live-Auftritt zum Neujahrsfest in Peking hatte, mehr als 2.000 Auftritte in über 25 Ländern folgten, ja er schlug sogar ein Vertragsangebot für eine zweijährige Show in Las Vegas aus. Grund: Der inzwischen vierfache Vater (27/15 und 9-jährige Zwillinge) hatte kaum noch Zeit für seine Familie. Und ihm ging vor lauter Geschäft die Kreativität und Freude verloren. Heute hat er die Balance zwischen Privat und Beruf wiedergefunden. Ein Blick auf die Uhr und „ich muss jetzt wieder nach Hause, meine Tochter kränkelt“. O.k., ein dickes Dankeschön für deine Zeit, Dirk (Schmidt), nur noch eine letzte Frage zu deinem Künstlernamen. „Kelvin ist ein Spitzname aus meiner Schulzeit und Kalvus steht für Kahlkopf – ich fand die Kombination cool.“
– Regine Eberlein
Foto:
Das ist Magie – Kelvin Kalvus in Aktion | © Holm Roehner |
Kontaktjonglage Kelvin Kalvus mit der Band FAUN
auf Märchen & Mythen Tour
05. – 15.03.20
www.kelvin-kalvus.de